31.

[117] Geduld und unerschrokner Muth

Beseelen mein getreues Blut

Und fürcht mich nicht zu sterben.

Der Himmel kostet Leiden hier,

Ich leide froh, kann ich von dir

Mir einen Blick erwerben.


Nur du verdienst beglückt zu seyn,

Drum will ich gerne Gram und Pein

In meine Brust verschliessen.

Den Tränen will ich wiederstehn,

Du Engel sollst sie nimmer sehn

Auf meine Wangen fliessen.


Ach traue deutscher Redlichkeit,

Die sich zu deinem Dienste weyht,

Und willtu sie belohnen,

So müsse Tag und Nacht der Schmerz

Dir fremde seyn und Lust und Scherz

Dein schönes Herz bewohnen.


Alsdann mein Kind ist alles gut,

Alsdann so mag mein junges Blut

Für dich die Erde färben.

Es ist mir sonst nichts fürchterlich

Als dich betrübt zu sehen, dich!

Viel sanfter thuts zu sterben.[118]


Drum fleh ich, heitre dein Gesicht,

Ich scheue Höll und Himmel nicht,

Bleibt mir dein Auge offen.

Wenn du vergnügt und glücklich bist,

Und stünd ich auf dem Richtgerüst,

Dann ist mein Ziel getroffen.


Und wär ich in der Sklaverey,

Und hätte nur den Trost dabey,

Für dich für dich zu leiden;

Und wär ich jenseits überm Meer

Und wüst daß Clephchen glücklich wär,

Doch wär ich zu beneiden.


Nur sie nur sie muß glüklich seyn,

Nur sie nur sie verdients allein;

Und gieng die Welt zu Grunde,

Ich selber mit – o wie so schön

Würd ich alsdann zu Grunde gehn.

Schlag bald du schöne Stunde!

Quelle:
Jakob Michael Reinhold Lenz: Gedichte, Berlin 1891, S. 117-119.
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