Zwischen Gaeta und Kapua

[118] Schöner und schöner

Schmückt sich der Plan,

Schmeichelnde Winde

Wehen mich an;
[118]

Fort aus der Prosa

Lasten und Müh,

Flieg ich zum Lande

Der Poesie;


Goldner die Sonne,

Blauer die Luft,

Grüner die Grüne,

Würzger der Duft.


Dort an dem Maishalm,

Schwellend von Saft,

Sträubt sich der Aloe

Störrische Kraft.


Ölbaum, Cypresse,

Blond du, du braun,

Nickt ihr wie zierliche,

Grüßende Fraun?


Was glänzt im Laube,

Funkelnd wie Gold?

Ha, Pomeranze,

Birgst du dich hold!


Apfel der Schönheit,

Paris Natur

Gab dich Neapolis

Reizender Flur.


Ehrlicher Weinstock,

Nützest nicht bloß?

Schlingst hier zum Kranze den

Grünenden Schoß.


Überall Schönheit,

Überall Glanz,

Was bei uns schreitet

Schwebt hier im Tanz.


Trotzger Poseidon,

Wärest du dies,[119]

Der drunten scherzt und

Murmelt so süß?


Und dies halb Wiese, halb

Äther zu schaun,

Es wär des Meeres

Furchtbares Graun?


Hier will ich wohnen!

Göttliche du,

Bringst du, Parthenope,

Wellen zur Ruh?


Nun, so versuch es,

Eden der Lust,

Ebne die Wogen

Auch dieser Brust!

Quelle:
Franz Grillparzer: Sämtliche Werke. Band 1, München [1960–1965], S. 118-120.
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