Der 52. Psalm

[815] Quid gloriaris in malicia.


Ein herlicher Trostpsalm, wider das vnkräftig wüten der Tyrannen vnd Verfolger der Kirchen vnd aller Gläubigen, gestelt.

Im ton, Der Thorecht spricht.


1.

Was trotzestu dan, du Tyrann,

mit deim greulichen wüten,

Freust dich, das du hast schaden thau,

so doch als Gottes güte

Täglich noch wärt, über vns hält

vnd jden solchen Wütrich fält

der mit der zungen darfe

Trachtē, nur schaden zufügen,

schneiden mit trigen vnd lügen

wie mit Schärmessern scharffe.


2.

Du redest lieber bös dan gut

vnd lieber falsch dann rechte,

Du redst was zu verderbē thut,

dein zung gern vil vmmbrächte:

Drumm wird dich Got auch gantz vnd gar

zerstörē vnd zerschlagen zwar

vnd aus der Hütten reissen,

Dein Stammen vnd Gschlecht vnd dein haus

wirt er aus dem Land rotten aus,

dein nam wirt nichts mehr heissen.


3.

Solchs werden die gerechten sehn,

jhn draus ein Gotsforcht machen,

Weils so bald ist mit den geschehn

vnd werden jren lachen,

Vnd erst zusammen sprechen dan

›sih zu, das ist eben der Alan

der GOT so gar vernichtet,

Wolt jhn für seinen trost nicht han,

thet sich auf sein reichtumm verlau,

nach seinem gwalt als richtet.‹


4.

Ich aber, der ich mich allein

verlas auff Gottes güte,

Werd bleiben in Gottes Gemein,

darbej mich Got behüte,

Werd wie ein Oelbäumlein allzeit

grünen in widerwertigtikeit,

wie gros die jmmer seie,

Dan was Got pflantzet in sein haus,

dasselb rottet kein gwalt nit aus,

derhalb ich mich nicht scheue.


5.

Vnd danck dir, mein Got, ewiglich,

dan du kanst es wol machen,

Erlegst was sich regt wider dich

vnd fürest meine sachen.

Ich wil dich loben in der gmein,

vnn harren auff den namē dein,

der dan nit macht zuschandē,

Sonder dein Heilige die han

jr freud vnd trost alzeit daran,

sos darbej sind bestandē.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Leipzig 1874, S. 815-816.
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